Was ist rechtlich erlaubt?
Stand: 26.07.2021 20:09 Uhr
Ist es rechtlich zulässig, die Impfbereitschaft durch Nachteile für Nichtgeimpfte zu erhöhen? Wäre sogar eine Impfpflicht denkbar?
Von Alessa Böttcher und Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion
Aktuell sind Geimpfte, Genesene und Getestete überwiegend gleichgestellt. Die Unterschiede sind im Alltag jedenfalls kaum sichtbar. Aber bereits bei der Urlaubsrückreise aus einem Hochinzidenzgebiet gibt es sie: Geimpfte und Genesene müssen nicht in Quarantäne. Alle anderen müssen sich zunächst isolieren und können sich erst nach fünf Tagen "freitesten".
Sollten die Zahlen im Herbst wieder drastisch ansteigen, greifen in den Bundesländern aber auch wieder härtere Kontaktbeschränkungen. Wenn sich dann zum Beispiel nur zwei Haushalte treffen dürfen, zählen schon nach der jetzigen Rechtslage die Geimpften nicht mit. Ein spürbarer Nachteil für alle, die den Impfschutz noch nicht haben. Politiker fordern darüber hinaus, dass gewisse Veranstaltungen nur noch von Genesenen und Geimpften besucht werden dürfen. Ein negativer Test soll dann also nicht mehr reichen.
Ungleichbehandlung mit dem Grundgesetz vereinbar?
Der erste Impuls von vielen: Das ist doch eine Diskriminierung von Nicht-Geimpften. In Artikel 3 des Grundgesetzes steht: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich". Allerdings verbietet diese Aussage dem Staat nicht, da Unterschiede zu machen, wo dies sachlich gerechtfertigt ist. Für alle Menschen gilt sowieso: Grundrechte dürfen von jedem Einzelnen nur eingeschränkt werden, wenn es einen guten Grund, also ein legitimes Ziel dafür gibt. Und wenn es kein milderes Mittel gibt, dieses Ziel zu erreichen. Das Ziel, Gesundheit und Leben anderer zu schützen, ist zweifelsfrei legitim. Der Staat ist sogar verpflichtet, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Die meisten der grundrechtseinschränkenden Corona-Maßnahmen hielten gerichtlichen Überprüfungen deshalb stand.